Philipp Klöckner 🇩🇪Philipp Klöckner war sechs Jahre lang als Search Strategist und VP Travel Verticals bei Idealo.de tätig. Seit 2011 ist Philipp Klöckner vor allem als Angel Investor und Advisor tätig und teilt seine Erfahrung in den Bereichen Online Marketing, Produkt Entwicklung und Business Intelligence mit Startups, Growth Companies und Kapitalgebern. 🇬🇧 About the author: Philipp has been an in-house SEO and VP Travel Verticals at the market-leading price comparison in Europe (Idealo.de) for 6 years. Since 2011 Philipp Klöckner is an active Angel Investor and Advisor, helping Startups, Growth Companies and Private Equity funds by sharing his deep insights into Digital Marketing, Product Development and Business Intelligence. 🔗 Connect via: LinkedIn (Follow) | Twitter | Facebook (Subscribe)

Propaganda für den Profit

5 min read

Lieber Herr Oberbeck…

… mit Verlaub: Sie sind ein Schwindler.

Aber Sie sind auch “Head of Public Relations” bei Google Germany. Das sollte man Ihnen strafmildernd anrechnen, denn sowohl die PR-Tätigkeit als auch ihr Arbeitgeber bedürfen vermutlich eines “besonderen Maß” an Wahrheitsliebe.

Mit diesem Tweet bezogen Sie sich auf folgenden Artikel. Ich denke, dass bei all der bilateralen Polemik und Demagogie, welche der LSR-Debatte anhaftet, Sie genau wissen, dass die “neue Search Experience” der Bildersuche keinen Spielraum zum “Fakten verdrehen” lässt. Sie versuchen es dennoch:Wir können erkennen, dass durch das neue Design bei einer typischen Suche durchschnittlich ein höherer Click-Through-Wert erzielt wird als früher“, zitiert Sie der Spiegel.

Mehr Click-Throughs?
Klaut Google Besucher?

Das ist genau genommen keine offensichtliche Lüge, sondern das besonders infame Verschweigen des Fakts, dass Sie den Inhabern der Bildinhalte zunächst 100% der Seitenaufrufe stehlen, um Ihnen dann etwas mehr “Click-Throughs” zuzugestehen.

Klicks, die zuvor nicht nötig waren, weil die Bildquelle bisher bereits und zu Recht im Hintergrund geöffnet worden ist und dem Rechteinhaber so zu seinen verdienten Besuchern verholfen hat.

Doch kürzlich hat Google sich entschieden, stattdessen lediglich das Bildmaterial missbräuchlich vom Server des Inhabers zu laden, und dreist als Inhalt für seine eigene Bildersuche zu verwerten. Der kleinlaute Hinweis “Das Bild ist möglicherweise urheberrechtlich geschützt.” konstatiert ein Mindestmaß an Unrechtsbewusstsein aber auch den mangelnden Respekt gegenüber der Schöpfung des Fotographen, Künstlers oder sonstigen Rechteinhabers. Aber als Entgelt für sein Werk erhält der Urheber ja ein paar “Click-Throughs” – mehr als zuvor sogar, wie (nur) Sie “erkennen können”. Und dennoch weniger denn je. Aber in der Summe sind es immer noch Millionen…

Nun, wenn man der monopolistische Gatekeeper des Portals zum WorldWideWeb ist, wird es zunehmend schwerer Leser GAR NICHT mehr auf die Originalquellen zu verweisen. Dennoch versucht es Google dieser Tage mehr denn je. Genauso gut könnten 1&1, Vodafone, die Deutsche Telekom oder Telefonica ihre infrastrukturelle Position missbrauchen und behaupten es wäre befriedigend, 50% der Nutzer tatsächlich zu Google zu verweisen und den Rest auf eine eigene Suchmaschine, die wiederum Google Ergebnisse ausliest und wiedergibt – KOSTENLOS!

Wäre das eine befriedigende Lösung für Google? Mit wie viel Verständnis seitens Google dürfen wir rechnen, wenn beispielsweise die Telekom die Fragen ihrer Kunden mit “Google-Inhalten” beantworten würde, ohne dass der Nutzer noch ihre WerbeSuchmaschine sehen könnte? Würde Google dies dann akzeptieren, oder würde man eher versuchen selbst Internet Service Provider, Mobilfunkanbieter und Mobile-Gigant zu werden um genau dieser drohenden Entrechtung entgegenzuwirken?

 

Pünktlich oder gerade noch rechtzeitig zur Anhörung im Bundestag, haben Sie es – nach etwa einem Jahr Debatte – geschafft, Ihre dem Anschein nach prädestinierten Verbündeten Facebook und Yahoo! Deutschland  ins Boot zu holen. Fröhlich verkünden Sie und Yahoo!, dass nun endlich auch die der Bedeutungslosigkeit anheim gefallene Suchmaschine Yahoo Netzverteidiger wird, weil das LSR selbstverständlich auch dort nicht auf offene Arme trifft. Vor allem denkt Yahoo! aber, dass das LSR der Marktdominanz von Google weiteren Vorschub leistet:

“Das zusätzliche Leistungsschutzrecht würde sich nicht auf alle Suchmaschinenanbieter gleichermaßen auswirken. Kleinere Suchmaschinenbetreiber sind in einer viel schwächeren Position, um Lizenzgebühren für die Darstellung aller Presseerzeugnisse in ihren Suchergebnissen aufbringen zu können. […] Darüber hinaus würden sich für potenzielle neue Marktteilnehmer die Markteintrittsbarrieren noch weiter verstärken. Es ist offensichtlich, welcher Anbieter hiervon profitieren wird.”

Yahoo! Pressemitteilung vom 29. Januar 2013

Da macht Sie ihr Pseudo-Konkurrent mit 3% Marktanteil nun auch noch zum Profiteur des Leistungsschutzrecht. Hat man Worte? Schulter an Schulter stehen die “Netzverteidiger” mit dem Messer hinter dem Rücken vereint!

Die vierte Gewalt machtlos?

Google Spiegel
Spiegel Titel

Traurig und beängstigend ist auch, dass der überwiegende Teil der Presse sich für dumm verkaufen lässt und die enthusiastischen Google-Propaganda-Mitteilungen zur neuen Bildersuche unkommentiert und kritiklos nachplappert. Die Produktankündigung spekuliert darauf, dass der Leser die “gestiegene Click-Through-Rate” als Besuchersteigerung fehlinterpretieren wird. Erfolgreich.

Enttäuschend, dass selbst Fachmagazine, denen man ein überdurchschnittliches Verständnis des Themas gern unterstellt hätte, offenbar ebenso unmündig und arglos wie der Durchschnittskonsument sind. Sowohl die Presse als auch die Konsumenten müssen dringend anfangen sich neutral, aber kritisch und investigativ mit dem Thema Google zu beschäftigen.

Alles für den User – Und alle User für Google

Denn gerade der Suchmaschinen-Benutzer muss sich durch Sie ja regelmäßig als Heilsempfänger der tatsächlich rein kommerziell getriebenen “Produktinnovationen” von Google verkaufen lassen. Natürlich wird es der Benutzer wertschätzen, wenn Google ihm ein schönes Interface zum Browsen fremder Bilder zur Verfügung stellt. Und natürlich ist es bequem, wenn verständliche Suchanfragen bereits von Google selbst mit fremden Daten beantwortet werden können. Aber der Nutzer würde es auch schätzen wenn er die neusten Kinofilme schon zum Kinostart bei Google ansehen dürfte oder Musikvideos in der Google-Suche abspielen könnte, statt sie bei iTunes zu bezahlen. Sicher würden viele auch gern die besten Buchtitel umsonst bei Google durchschmökern oder aktuelle Testberichte lesen, ohne dafür teure Zeitschriften zu kaufen, sich irgendwo einzuloggen oder pdf-Downloads zu bezahlen.

Die Generalabsolution durch den User-Benefit muss endlich mal kritisch hinterfragt und in Relation zu gesamtwirtschaftlichen und rechtlichen Interessen gestellt werden. Schließlich wägt Google selbst ganz genau ab, was dem User auch an belastenden Interface-Änderungen zugemutet werden kann. Als Google 2012 den Werbeanzeigen immer mehr Platz über den eigentlichen Suchergebnissen einräumte, werden vermutlich keine Konsumenteninteressen im Mittelpunkt gestanden haben. Schließlich weiß man bei Google ganz genau, dass zu viel Werbung auf einer Seite die User stört und hält sich sogar das Recht bevor, Seiten mit besonders viel Werbung above the fold im Ranking zu bestrafen.

Auch, dass Benutzer von Google Suchpartnern wie Ask.com oder Zapmeta durch ein fast auswegloses AdWords-Karussell geschleift werden und die aus dem TV bekannten Abofallen-Betreiber den Großteil ihrer Benutzer Geschädigten mit Hilfe von Google Adwords-Anzeigen rekrutiert haben, liegt wohl kaum im Interesse des Konsumenten.

 

Es wird wirklich Zeit, dass jeder, aber vor allem Journalisten und Politiker, damit beginnt, Google mit einem Mindestmaß an Argwohn zu betrachten. Zwar handelt es sich bei den “Don’t be evil Guys” sicher nicht um eine Taliban-Organisation, wie auch Christoph Keese inzwischen revidierte. Ich wage jedoch zu prophezeien, dass sich in 2-3 Jahren so einige Politiker, Journalisten und Top-Manager Fragen gefallen lassen müssen, warum sie all diese Entwicklungen nicht haben früher kommen sehen. Und dann wird das Gejammer groß sein, weil die verbliebenen Marktakteure nicht mehr die Kraft und Rücklagen für eine Gegenstrategie haben werden und Google allmächtiger und unbezwingbarer denn je erscheinen wird.

Raubritter im Bilderwald

maut-google
© http://pip.net/ !!!

Und was die “Hehlerbande Google” angeht, war Dr. Döpfner schlimmstenfalls etwas unscharf in der Wortwahl. Ich würde gern wissen, wie sich die öffentliche Diskussion entwickelt hätte, wenn man stattdessen den Begriff “Wegelagerer” gewählt hätte. Nur ein Blinder kann verkennen, dass Google langfristig nicht vorhat noch irgendeine Online-Transaktion zu dulden, bei der nicht ein “Google-Zehnt” abgedrückt wurde.  Wer heute noch am Traffic des Suchmonopolisten teilhaben möchte, muss öfter denn je dafür zahlen, strukturierte Daten verschenken und das Google+Netzwerk nutzen.

Google selbst ist weder ein Produkt, für das User bereit wären zu zahlen, noch “generiert” Google die Konsum-Nachfrage im Internet. Vielmehr versucht das Unternehmen sich durch infrastrukturelle Beherrschung des Internet und Wegelagerei am eCommerce einen Brückenzoll an jeder getätigten Online-Transaktion abzuschneiden. Das Setup der neuen Bildersuche, aber auch viele weitere “Innovationen” zeigen deutlich, dass Google immer weniger bereit ist, noch kostenlosen Traffic als Kompensation für die bereitgestellten Inhalte der Contentlieferanten zu gewähren. Stattdessen werden die bereitgestellten Inhalte der Webmaster für eigene Produkte zweckentfremdet. Wer seine Inhalte bisher zur Verfügung gestellt hat, ist gutgläubig davon ausgegangen für die Öffnung seiner Archive auch Besucher und Werbeeinnahmen erwarten zu dürfen. Dieser einst einvernehmlich geschlossene Pakt wurde seitens der Suchmaschine längst aufgekündigt und Google interpretiert die Arglosigkeit der Seitenbetreiber als Freibrief zur Ausbeutung deren Inhalte.

Es ist an der Zeit die Worte und Taten von Google auf die Goldwaage zu legen und genauer hinzusehen. Jeder sollte sich fragen, wo die Reise hingeht. Man muss sicher kein Fan des LSR sein, auch und gerade weil es nur einen kleinen Teil des Problems adressiert. Aber wer heute noch mit “für Benutzer ist es doch super” und “ihr bekommt doch alle noch genug Traffic” argumentiert, wird morgen eventuell merken, dass er ein Frosch auf der Herdplatte war.

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Philipp Klöckner 🇩🇪Philipp Klöckner war sechs Jahre lang als Search Strategist und VP Travel Verticals bei Idealo.de tätig. Seit 2011 ist Philipp Klöckner vor allem als Angel Investor und Advisor tätig und teilt seine Erfahrung in den Bereichen Online Marketing, Produkt Entwicklung und Business Intelligence mit Startups, Growth Companies und Kapitalgebern. 🇬🇧 About the author: Philipp has been an in-house SEO and VP Travel Verticals at the market-leading price comparison in Europe (Idealo.de) for 6 years. Since 2011 Philipp Klöckner is an active Angel Investor and Advisor, helping Startups, Growth Companies and Private Equity funds by sharing his deep insights into Digital Marketing, Product Development and Business Intelligence. 🔗 Connect via: LinkedIn (Follow) | Twitter | Facebook (Subscribe)

Someone just spottet a rel=”Publisher” tag being displayed in…

Wow, this is the first time I can see Google testing to actually display the rel=publisher information in SERPs. The displayed  site, Wimdu.de, has...
Philipp Klöckner
58 sec read

8 Replies to “Propaganda für den Profit”

  1. Hallo Philipp,

    Klasse Meme 🙂 und toller Beitrag.

    “Die Generalabsolution durch den User-Benefit muss endlich mal kritisch hinterfragt und in Relation zu gesamtwirtschaftlichen und rechtlichen Interessen gestellt werden”

    Wieso nicht auch gesellschaftlich-kulturellen Interessen?
    Übersteigt das den Intellekt des “Klickvieh”?
    Haben diese beiden Aspekte keine Lobby?
    Ich befürchte, dass dieser Aspekt langfristig schwerwiegender ist, als der rechtlich-wirtschaftliche Komplex….

    Man kann wohl erst wieder ruhig schlafen wenn die Nutzer kapiert haben, dass man oben in die Adresszeile eines Browsers tatsächlich URLs eingeben kann. Bis dahin gibt es nur leider keine Browser mehr… Dafür sorgt schon Project Glass.

    Schönes Wochenende!
    Sebastian

  2. Ich verstehe die Aufregung immer weniger. Niemand wird gezwungen, seine Inhalte in’s Netz zu stellen. Niemand sagt: Du darfst keine robots.txt verwenden. Wer seine Bilder, Artikel ohne Schutz und Vermerk für Suchmaschinen öffentlich publiziert, kann sich hinterher nun wirklich nicht darüber beschweren, dass die Daten auch erfasst und aggregiert werden.

    Es stimmt mich besonders nachdenklich, dass Herrn Klöckners Neutralität in Frage gestellt werden muss. Immerhin hat er als “Search Strategist” fünf Jahre bei einem Unternehmen der Springer Gruppe gearbeitet – Idealo gehört seit 2006 zu Springer. – das hätte er in diesem Artikel erwähnen müssen.

    Ich bin gespannt, ob Ihr neues Unternehmen, dass ‘Kombinat für digitale Medien’ – auch gut mit der Springer-Gruppe zusammenarbeitet. Das würde den Artikel dann noch besser erklären.

    Liebe Grüsse

    mm.

  3. Liebe Frau Merz,

    zunächst zu meiner Person: Dass ich für ein dem Springer-Konzern angeschlossenes Unternehmen gearbetet habe und neben eCommerce-Unternehmen auch Verlagshäuser berate steht nicht im Artikel, aber doch direkt darunter im Paragraph “Über den Verfasser”. Ich schätze Investigativität, aber ich versuche hier nichts zu verbergen. Meine Firma “Kombinat” steht in keinerlei Geschäftsbeziehung zu Verlagshäusern sondern publiziert selber im Internet.

    Wenn Sie mir Tendenz bezüglich des LSR unterstellen möchten, sollte das schwer werden. Einerseits erwähne ich schon in der Einleitung, dass ich die Polemik der Debatte als BIlateral wahrnehme. Zudem erwähne ich am Ende, dass ich das LSR NICHT für geeignet halte, die Probleme die durch Googles Profitstreben und Marktmacht entstehen zu lösen.

    Ich hab mich bisher nie zum LSR geäußert, vor allem weil ich das Problem eben als ein größeres als das der Verlage wahrnehme und mein Ziel ist es lediglich genau dies der Allgemeinheit bewusst zu machen. In diesem Artikel geht es vor allem darum die Einlassungen von Google einmal in die “Wahrheit” zu übersetzen. Daher mag er tendenziös erscheinen. Ich denke das LSR und die Bestrebungen der Verlage werden ausreichend und zu Recht öffentlich kommentiert, diskutiert und kritisiert. Während die Einlassungen von Google von der Presse in aller Regel nicht wider – sondern mangels besseren Wissens kritiklos wiedergegeben werden.

    Im Übrigen beschäftigt sich der Artikel nur am Rande mit dem LSR. Im Fokus soll Google stehen und daher möchte ich meine Leser nicht mit dem Einstieg in die ausreichend diskutierte LSR-Debatte langweilen. In jedem Fall attestiere ich den Verlagen aber ein wenig mehr Weitsicht als den arg- und kritiklosen Managern und Politikern, die das Problem immer noch fahrlässig kleinreden. Wenn Sie weitere Artikel aus meinem Blog lesen, werden Sie erkennen, dass das Thema hier im Moment eher “GoogleWatch” als LSR ist. Ich vertrete hier weder LSR- noch Verlagsinteressen, sondern versuche Menschen einen kritischen Blick auf Google zu gewähren, zu dem viele ohne einen Denkanstoß oder Weckruf derzeit nicht in der Lage sind.

    Nun aber zu Ihrem Vorschlag: Wenn ich eine robots.txt nutzen muss, um Google an der Zweckentfremdung meiner Inhalte zu hindern. Heißt dass dann folgerichtig auch, dass ich meine Webseite komplett vom Netz nehmen muss um mich gegenüber Dritten gegen den Diebstahl von urheberrechtlich geschützten Bildern abzusichern?

    Sie wagen hier einen gefährlichen Umkehrschluss, der Google Narrenfreiheit einräumt, solange ich mich nicht komplett vom Google-Universum abkapsele. Das kann doch nicht die Lösung sein. Man muss doch davon ausgehen dürfen, dass der “Lesezugriff” auf meine Inhalte nicht auch die kommerzielle Ausbeutung derselben einschließt. Privates Recht sollte doch in Europa noch höher angesiedelt sein als die “robots.txt”, und ich möchte darauf vertrauen können, dass die Öffnung meiner Archive für Suchmaschinen, die einen infrastrukturellen Bestandteil des WWW darstellen, nicht als Einladung zur Vergewaltigung meiner Urheberrechte interpretiert wird.

    Wenn Sie die robots.txt als obligatorische Willenserklärung gegenüber Google einstufen, müssten sie ebenso jeden Ladenbesitzer bitten, dass er ein Schild “Stehlen verboten!” aufhängen muss, um sich rechtswirksam vor Diebstahl zu schützen.

    Sie möchten, vermutlich aus einer liberalen Grundeinstellung, hier gern darstellen, dass man vertragsautonom mit Google kooperieren kann oder eben nicht. Aber genau diese Vertragsautonomie lässt sich per robots.txt eben nicht darstellen. Weil ich mir nicht einmal in meinen kühnsten Phantasien vorstellen kann, wie Google den “Lesezugriff” auf meine Daten jetzt und in Zukunft nutzen wird. Die robots.txt, als einzige mir zur Verfügung gestellte Option ist derzeit eine Blanko-Vollmacht an Google bzgl. der wirtschaflichen Ausbeutung meiner Inhalte. Ich kann keinen Willen zur Dauer oder den Konditionen der Inhalteüberlassung deklarieren. Was passiert wenn ich zuvor geteilte Inhalte später schütze? Wird Google meine Daten löschen und die Verwendung stoppen, so wie man es in einem privatwirtschaftlichen Vertrag vereinbaren würde? Oder würde Google nur aufhören meine Inhalte im Suchindex zu manifestieren, sie aber weiterhin intern vorhalten und auswerten?

    Gemäß der Erfahrungen von Suchmaschinenbeobachtern ist längst bekannt, dass Google die Robots.txt eher als Verbot der Darstellung im Index interpretiert. Es gibt zahlreiche Beispiele, die belegen, dass nachträglich gesperrte Seiten im Index verbleiben (ohne Snippets) und auch weiterhin von Google ausgewertet werden:

    “GoogleBot is knowingly violating robots.txt directives”
    https://groups.google.com/forum/?fromgroups=#!topic/google_webmaster_help-indexing/pOsXPzMTUSw

    http://www.seroundtable.com/google-robots-snippet-15576.html

    Liebe Grüße,
    PK

  4. @Michaela Merz – der BGH hat in der Beziehung recht deutliche Grenzen gesetzt. Die Nutzung von Inhalten auch ohne Erlaubnis des Urhebers ist erlaubt, wenn es sich um eine typsche Form der Nutzung handelt. Bei einer Suchmaschine wäre das ein Snippet oder ein Vorschaubild, das angezeigt wird, nicht jedoch der komplette Inhalt.

    Wer Inhalte also ohne Schutz online stellt, muss damit rechnen, dass sie in typischer Weise auch verwendet werden, alles was darüber hinaus geht, ist aber nach wie vor nicht erlaubt.

  5. Lieber Philipp Klöckner, vielen Dank für diesen Beitrag und insbesondere die Klarstellung gegenüber Frau Merz. Ohne jetzt hier so ausführlich werden zu wollen, wie es dem Thema eingentlich angemessen wäre: Google ist eigentlich eine SUCHmaschine oder besser FINDEmaschine, d.h. ein Tool, das Menschen hilft, Inhalte zu finden. Google hat immer erklärt, quasi die Welt INDIZIEREN zu wollen. Nicht, die Welt auf google.de (etc) quasi zu “framen”. Wenn sich der Unternehmenszweck von Google so massiv wandelt bzw. wandeln soll, wird es vermutlich Zeit für eine oder mehrere neue Suchmaschinen. (Hier stellen wir uns jetzt einen Exkurs über Lemminge vor und warum diese sich so schwarmblöde so verhalten, wie sie es tun)

    Ein konkreter Lösungsansatz – wenn ich mal für einen Augenblick in Googles Sinn systemimannent denke – müsste eigentlich sein, dass z.B die Anzeigen, die auf der Original Website vorhanden sind, ebenfalls in der neuen Bildsuche von Google dargestellt und bei Klick in vollem Umfang zu Gunsten des Websitebetreibers abgerechnet werden. Und das spielen wir jetzt noch mal für Shops, Fotografenangebote, Reisebüros etc. durch …
    Na gut, könnte noch dauern, bis das klappt.

    Ein letzter Aspekt noch, den ich bisher in den Debatten völlig vermisse: Ich vermute, Google will diese Bildsuche nicht nur, weil es für Google kommod ist, sondern im Vorgriff auf die nahezu völlige Umstellung des Webs auf mobile Zugriffe. Da macht ein nettes Bilder flippen unter Usabilityaspekten ggf. Sinn, ändert aber weder etwas am Urheberrecht noch am eigentlichen Unternehmenszweck von Google.

  6. Hallo Philipp,

    wieder ein klasse Artikel!

    Ich bin überzeugt, dass Phänomene, die uns im Alltag und der Politik begegnen, kein Zufall sind. Ich vermute viel mehr, dass die geistig-intellektuellen Sicherungen des Anstandes bei der Aktie und dem System der ständigen Wertsteigerung an sich einfach aufhört. Ich sehe hier nicht nur Google-Problematik, sondern eine systemische. Diese Meme und die aktive Benutzung dieser (ohne, dass 90 % das auch nur merken), sorgt mich.

    Außerdem bin ich überrascht darüber, wie mit einfachen Botschaften Wahrheiten geschaffen werden sollen und wie massiv Sprache dazu eingesetzt, Korrektur: mißbraucht wird (ohne auch nur Abwägungen zuzulassen), Meinungsbilder zu erzeugen. Frei nach dem Motto: “Bis ihr diese Information habt, Klickvieh, dauert es noch etwas – und in dieser Zeit verdienen wir Geld … und bis ihr Widerstand organisiert habt, noch mehr – und tschüß!”.

    Ich glaube, wir SEOs sollten laut gegenhalten, bis die Politik das hört. Meine lokalen Abgeordneten habe ich schon diverse Male auf Deine Artikel hingewiesen. Und was Google angeht: es wird Zeit, gute Rechtsanwälte einzustellen. Man kann argumentieren, dass die Nutzung der Plattform dem Zweck der Werbeeinblendung dient; aber nur, wenn in der Organik “die besten Ergebnisse” zum Thema stehen (sonst fehlt irgendwie der Sinn des “Vertrages”) und de jure ist die lächerliche gelbe “Anzeigenmarkierung” auch völligst daneben. Mit diesen Tricks arbeiten Trickbetrüger im Internet schon seit Jahren (Auslassungen, Ausblendungen, Abblendungen).

    Was die Tatbestandsmerkmale der einzelnen Punkte sind, das sähe ich mit Genuss in der Frage der Abwägung unserer Justiz (die wir dann unterstützen müssten, das Problem zu verstehen).

    Und dann warte ich auf das Grundrecht des 21 Jhdts.: Suchmaschinen im Internet nutzen dürfen, “unbeeinflusst”, gesetzes- und demokratiekonform, von jedem, klar definiert im GooG. Das Schöne daran ist, dass wir dem immer schneller näher kommen, weil Google alles dafür tut, endlich in die Schranken gewiesen zu werden. Ein bockiges “dann gehen wir aber”, darauf ist zu warten.

    Haben wir Nutzer uns nicht eigentlich verdient, dafür dass wir helfen, Produkte zu verbessern – durch unser Verhalten, durch aktive/passive Mithilfe – eine andere Behandlung zu erfahren?

    Verdienten wir dann nicht auch Teilhabe oder zumindest faire Behandlung (Stichwort: Keywordmitlieferungen – nix da mit “not provided”; Steuerzahlungen in entsprechender Höhe –> nicht das cloud-cuckoo-land sandwhich mit rollercoaster durch die EU, um wenig zahlen zu müssen). Dont be evil hört am Portemonnaie auf rechtfertigt sich mit Innovation und lässt 1984 immer näher treten. Der Plattformgedanke ist lange tot und Benutzerfreundlichkeit kein Argument für die konsequente Übertretung ethisch-rechtlicher Grundlagen hin zur Veränderung unserer Gesellschaft.

    Wie schaut es eigentlich mit einer dezentralen Suchmaschine aus, von Nutzern gestaltet, die ihre Rechenleistung zur Verfügung stellen, nebst Bandbreite, um Crawling usw. selbst zu bewerkstelligen? Gab es !diese Zeit! nicht mal im Netz? Haben wir nicht mittlerweile genug Leistung (Bandbreite, CPU, Speicher), um das zu realisieren?

    VG & weiter so!
    Chris

  7. Google muss man mit seinen eigenen Waffen schlagen. Täglich ein Hack.

    Ich schlage vor, mit PHP in dem Fall dass die Krake vorbei kommt, anderen Kontent anzubieten. Meckern hilft nichts.

    Das kann man auch für andere Zwecke nutzen.

    Und schon dreht sich das Fähnchen. Wenn alle mitmachen, wird Google nachdenken 🙂

    Frau Möller

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